Rum und Zucker

 
Home (frame) / (noframe)
Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Inhalt

Rumherstellung
Kolumbus
Dreieckshandel
Deutsche Sklavenhändler
Zuckerrohrschnaps
Seefahrer und große Trinker
Rohrzucker und Zuckerrüben
Rum und Luftfahrt
Schlusspunkt

Sklavenschiff vor Havanna
Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Rumherstellung

Heute wird auf vielen Inseln der Antillen eine unüberschaubare Zahl verschiedener Rummarken hergestellt. Rum ist entweder braun oder weiß und mit dem unterschiedlichsten Alkoholgehalt erhältlich. Vor dem mit 75 Vol % Alkohol stärksten Rum Trinidads, dem Puncheon Rum, werden Besucher bei betreten der Insel gewarnt. Einige Marken sind jedoch noch stärker.
 
  • Zuckerrohr zermahlen
  • den entstandenen Zuckersaft zweimal filtern
  • mit Hefe drei Tage gären lassen
  • mehrfach destillieren
  • auf Trinkstärke bringen (oder auch nicht)


Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Kolumbus

Zucker ist der wichtigste Bestandteil für Rum. Seine Herkunft ist bis heute nicht abschließend geklärt. Möglicherweise kamen die Zuckerrohrpflanzen aus Indien nach Europa. Auf die Antillen, kam das Zuckerrohr durch Kolumbus. Auf seiner zweiten Reise nahm er einige Setzlinge der tropischen Pflanzen mit nach Haiti.
Der alte spanische Name Haitis war Hispaniola, bis Haiti 1697 Teil Frankreichs wurde (Frieden von Rijswijk). Ein Großteil der Spanier zog auf der Suche nach Gold weiter aufs Festland. Die Zuckerrohrhaine an den fruchtbaren Hängen der Vulkane verwahrlosten. Eine Renaissance erlebte der Anbau etwa 150 Jahre später auf den kleineren Inseln des Archipels. Nach der Einführung der Plantagenwirtschaft auf dem ganzen Inselbogen wurde Zucker zum Exportschlager der Westindischen Inseln.

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Dreieckshandel

Die Zuckerrohrernte war in der Vergangenheit eine der schwersten Arbeiten, die von Menschen getan werden musste. Die scharfkantigen Blätter der Zuckerrohrstängel zerschnitten die Haut der Erntearbeiter; die giftigen Schlangen taten ihr übriges. Indianer und später - nach dem Leyes Nuevas (Neues Gesetz), das die Versklavung der Indianer verbot - Afrikaner wurden zur Arbeit auf den Plantagen gezwungen. Sie starben früh, ihre Arbeitskraft musste "ersetzt" werden. Neben der menschlichen Tragödie darf man nicht vergessen, dass die ersten Entdecker nach ihren Exkursionen ins westafrikanische Hinterland von Kulturen berichteten, die sie mit den Stadtstaaten des Italiens der Renaissance verglichen. Der entstehende Dreieckshandel zählt zu einem der dunkelsten Kapitel in der europäischen Geschichte: Europäische Seefahrernationen sandten Werkzeuge, Stoffe, wertlosen Schmuck und Waffen nach Afrika, mit denen sie die Sklavenhändler, zu denen auch afrikanische Stammesfürsten gehörten, bezahlten. Die vornehmlich in Westafrika "erworbenen" Sklaven wurden in Schiffe gepfercht und in die Neue Welt transportiert. Die Kolonialisten bezahlten mit den Gütern ihrer Plantagen: mit Baumwolle, Tabak, Gewürzen, Kakao und eben Zucker. Diese Güter wurden wieder zurück nach Europa verschifft.
Viele Sklaven starben bereits in Afrika auf dem Weg über den atlantischen Ozean. Die Sterberate war sehr hoch, genaue Angaben darüber gibt es jedoch nicht. Der Handel mit Menschen führte zu einer weitgehenden Entvölkerung weiter Landstriche Afrikas. Die Gewinne aus dem Dreieckshandel waren unglaublich hoch. Die Royal African Company zahlte ihren Teilhabern, zu denen auch Karl V zählte, eine Gewinnbeteiligung von 300%.

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Deutsche Sklavenhändler

Wenig bekannt ist, dass auch Deutsche am Sklavenhandel verdienten. Bereits die Welser versklavten im 16. Jahrhundert in ihrem Lehensgebiet Indianer. Die Kurbrandenburgische Festung Groß Friedrichsburg an der Küste Afrikas war einer der Umschlagplätze für den Menschenhandel. Auch in der Neuen Welt hatte Kurbrandenburg auf der Insel St. Thomas Handelsrechte (1685 bis 1731). Heinrich Carl Schimmelmann, Hamburger Gutsherr und dänischer Finanz- und Handelsminister verdiente Ende des 18. Jahrhunderts ein Vermögen durch Sklavenhandel. Glückstadt an der Unterelbe war als Sitz der Dänisch Afrikanischen Kompanie Zentrum des dänischen Sklavenhandels. 1773 veröffentlichte Matthias Claudius (Der Mond ist aufgegangen) im Wandsbecker Bothen das Gedicht:
Der Schwarze in der Zuckerplantage
Weit von meinem Vaterlande
  Muß ich hier verschmachten und vergehn,
Ohne Trost, in Müh' und Schande;
  Ohhh die weißen Männer!! klug und schön!
Und ich hab' den Männern ohn' Erbarmen
  Nichts getan.
Du im Himmel! hilf mir armen
  Schwarzen Mann!

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Zuckerrohrschnaps

Wohl um 1650 wurde auf Barbados aus den Resten der Zuckerherstellung, dem Sirup, ein Schnaps gebrannt. Er wurde "rum bullion" oder "kill-devil" genannt. Diese ersten Zuckerrohrschnäpse wurden für die Sklaven gebrannt. Sie waren voller Fuselstoffe, schmeckten scharf und beißend. Der Rum wurde das "Beruhigungsmittel" der Zwangsarbeiter.

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Seefahrer und große Trinker

Trotz des unmöglichen Geschmacks der ersten Zuckerrohrschnäpse wurde der Rum zum Lieblingsgetränk der Matrosen. Nach 1687 bekam jeder Seemann der Royal Navy eine Ration von etwa einem halben Liter täglich. Old Grog, so der Spitzname von Admiral Vernon, ließ 1740 Rum mit Zitronensaft und Wasser als Mittel gegen Skorbut mischen. Lord Nelsons Verhältnis zum Rum war so innig, dass er sich wünschte, falls er auf See sterben sollte, in einem Fass Rum nach England überführt zu werden. Als er 1805 in der Schlacht vor Trafalgar (südlich von Cádiz) im Kampf gegen die spanisch-französische Flotte fiel, war der Rumvorrat der englischen Flotte längst aufgebraucht; der Leichnam wurde in spanischem Branntwein auf die Insel überführt.
Einige Jahre zuvor, vor der Unabhängigkeit der USA, war in den nordamerikanischen Kolonien Englands der Schiffsbau der wichtigste Wirtschaftszweig, gefolgt von der Schnapsherstellung. Die Schiffe wurden vorwiegend dazu gebraucht, den Rohstoff des Rums, die Melasse (Sirup), ins Land zu holen.
Ende des 18. Jahrhunderts wollte die Krone den Import des Rumgrundstoffes verhindern - das war (zugegeben) nicht der einzige Grund für die Unabhängigkeit Amerikas. So feierte der erste amerikanische Präsident George Washington auch seine Amtseinführung mit einem Fässchen Rum - von der Insel Barbados. Er hatte Einnahmequellen auf Barbados.
Gegen Skorbut ist Rum nicht die erste Wahl, der Alkohol desinfiziert lediglich den Mund und Rachenraum. Die Ursache für die Krankheit ist Vitaminmangel. Durch Zufall fanden deutsche Seefahrer ein adäquates Mittel gegen die Mangelkrankheit. In Deutschland wurde gerne Sauerkraut gegessen. In Blechdosen aufbewahrt ist es lange haltbar. Auf Seereisen ist gesalzener und fermentierter Weißkohl ein idealer Vitaminspender. Sauerkraut traf den Geschmack anderer seefahrender Nationen nicht; sie belegten die Deutschen mit Spottnamen. Als sich Schließlich herausstellte, warum deutsche Seefahrer gesund blieben, übernahmen die anderen Europäer das Sauerkraut auf Ihre Speisezettel. Der Spitzname blieb den Deutschen.

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Rohrzucker und Zuckerrüben

Der deutsche Chemiker Andreas Sigismund Marggraf entdeckte im 18. Jahrhundert den Zuckergehalt des Rübensaftes. Napoleon trieb die Züchtung von Zuckerrüben voran, da Frankreich durch die Reaktion auf die Kontinentalsperre und durch den Verlust von Saint-Domingue (der Insel Hispaniola, dem heutigen Haiti und der Dominikanische Republik) vom Zucker weitgehend abgeschnitten war. Anfang des 19. Jahrhunderts gelang dann in Kunern/Schlesien durch Franz Carl Achard die industrielle Produktion von kostengünstigem Rübenzucker. In der Folge verlor die Rohrzuckerplantagenwirtschaft an Bedeutung. Die Sklaverei wurde in den folgenden Jahren verboten: 1833 in den englischen Kolonien, 1848 in den französischen, 1863 in den niederländischen und 1880 in den spanischen. Simón Bolívar befreite während seine Amtszeit die Sklaven in Großkolumbien. Er war selbst Erbe eines enormen Zuckervormögens. Bolívar war der "Sohn von Großgrundbesitzern (Kakaoplantagen, Zuckermühlen, Kupferminen, Landgüter und ein Heer von Sklaven)", so bemerkt Ingrid Beutler-Tackenberg in ihrer Arbeit. Bereits 1807 wurde der Sklavenhandel in England verboten, und von der königlichen Marine immer wirksamer unterbunden. Die Abschaffung des Sklavenhandels hatte wohl folgende Gründe: Zunächst konnten die Plantagenbesitzer ihre Kredite oft nicht mehr bedienen, neue Arbeitskräfte blieben teuer, Zucker wurde immer mehr zur Massenware. Durch die Abschaffung des Sklavenhandels stieg der Wert ihrer Sicherheiten, der verbleibenden Sklaven. England lag im Krieg: die Reeder konnten andere Fracht übernehmen und waren nicht auf den Dreieckshandel angewiesen, sie forderten keine Entschädigung. Es gab sicherlich auch moralische Bedenken.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Qualität des Rums entscheidend verbessert. Der Kubaner Don Fancundo Bacardi brannte den Rum mehrfach und machte ihn dadurch milder. Auf anderen Inseln wurde begonnen, den Rum direkt aus dem Saft des Zuckerrohrs zu gewinnen, nicht aus dem Abfall der Zuckerherstellung.

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Rum und Luftfahrt

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts war in den USA die Zeit der Prohibition. Die Herstellung und der Handel mit alkoholischen Getränken war verboten. Kuba war zwar wirtschaftlich von den Vereinigten Staaten abhängig, aber ein unabhängiger Staat. Das Alkoholverbot galt dort natürlich nicht. Mit dem Slogan: "Fliegen Sie nach Havanna und baden Sie in Bacardi-Rum" schloss die 1927 gegründete Pan American Airways eine Marktlücke. Die Geschäftsidee schlug wie eine Bombe ein und machte die PANAM schnell zum bedeutensten Luftfahrtunternehmen der Welt: Jeden, der es sich leisten konnte, flog das Unternehmen nach Havanna in den Vergnügungsurlaub. Gern und häufig nutzten die US-Bürger das Angebot, auch nach der Aufhebung des Alkoholverbots; bis die kubanischen Revolution 1960 das Urlaubsziel unerreichbar für US-Amerikaner machte. Nach einer langen Zeit  voller Misswirtschaft, finanzieller Engpässe und einem Terroranschlag blieben der Pan American World Airways zum Schluss wieder nur noch die Karbikstrecken. 1991 wurde der Flugbetrieb eingestellt.
Die Geschichte der PANAM ist natürlich an dieser Stelle sehr gerafft dargestellt, genaueres findet sich unter
http://www.pan-american.de


Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum

Schlusspunkt

Den Schlusspunkt dieses Artikels soll ein weiteres Rezept für einen Cocktail bilden. Wer sich den Gefahren eines Desserts nicht aussetzen will, kann sich stattdessen einen süßen Cocktail mixen. Das klassische Rum-Mixgetränk ist der Sunshinedrink Daiquiri. Die Zutaten werden auf Eis geschüttelt.
 
  • 5 cl weißer Rum
  • Saft einer Limette (circa 3 cl)
  • 2 cl Zuckersirup
Wer es etwas raffinierter mag, für den gibt es ein Rezept von der Insel St. Croix (Virgin Islands of the United States; die nordwestlichste Inselgruppe der kleinen Antillen)
 
  • ½ l Ananassaft
  • 12 cl Rum
  • Saft einer Limette (circa 3 cl)
  • 1 TL Cointreau
  • 1 Prise Muskat
  • 1 Spritzer Angostura
  • zerstoßenes Eis
  • Zuckersirup nach Bedarf
  • den Drink auf Eis schütteln
  • in Cocktailgläsern auf Eis servieren
In Maßen genossen schützten diese Drinks (den einen oder anderen) vor Skorbut.

Angostura > Pflanzen und Lebensmittel > Rum
Angostory © A. Hacker; 10.01, 10.02, 12.02
Home - nächster Artikel >